Nachdem ich den Teil drei “IF THESE DOORS COULD TALK? ” gelesen habe, bin ich von dem Artikel überrascht, in dem erwähnt wird, dass ein Hochschullehrer eine Studentin sexuell missbraucht hat. Da ich diesem Bereich zuvor weniger Aufmerksamkeit geschenkt hatte, fand ich diese Situation sehr befremdlich. Also habe ich im Internet nach der Lage an chinesischen Universitäten recherchiert. Nachdem ich die wirkliche Situation herausgefunden hatte, wurde mir klar, wie ernst diese Angelegenheit ist. Erst vor kurzem gab es ein Beispiel, bei dem eine Studentin ihren Lehrer wegen sexueller Nötigung anzeigte.
Allein die Zahl der Enthüllungen ist erschütternd, es ist schwer vorstellbar, wie viele weitere Vorfälle nicht ans Licht gekommen sind. Viele Studenten haben nicht den Mut, sich über ihre Lehrer zu beschweren. Einerseits glauben Studenten, dass der Lehrer ihre Note und damit indirekt auch ihre Zukunft in den Händen hält. Andererseits werden wir in China dazu erzogen, unsere Lehrer zu respektieren und auf ihre Lehrer zu hören. Das Bild des Lehrers ist für die Schüler immer ehrenhaft, rechtschaffend und heilig. Aber eines Tages schließt der Lehrer plötzlich die Tür, zeigt ein anderes Gesicht und will den Studenten ohne Scham sexuell angreifen. Ich bin sicher, dass die meisten Studentinnen an diesem Punkt überfordert sind. Selbst wenn sie sich wehren und es schaffen, die Tür zu durchbrechen. Aber auch danach bleibt ein tiefer Schatten auf ihnen zurück. Das kann zu Depressionen oder schlimmstenfalls zum Selbstmord führen. Das sind nicht meine Mutmaßungen, sondern Fälle, die tatsächlich passiert sind.
Wie einige der im Buch “Complaint!” angeführten Beispiele zeigen, findet diese Art von sexuellem Übergriff im Wesentlichen zwischen Masterstudenten und Professoren oder Doktoranden und Professoren statt. Warum? Ich denke, der Grund dafür ist, dass die Interaktion zwischen Master und Professoren eher eins zu eins stattfindet. Anders als bei Bachelorstudenten, die in einer Klasse, einer Gruppe oder einem Kollektiv auftreten. Sie sind viel stärker, wenn es um ungerechte Behandlung geht. Masterstudenten sind üblicherweise eine einzige Person, deshalb sind sie sehr schwach gegenüber dem Professor. Je anfälliger eine Studentin für sexuelle Übergriffe ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass einige Professoren es tun wollen. Aus diesem Grund sind Masterstudenten und Doktoranden die Gruppen, die am häufigsten von sexuellen Übergriffen betroffen sind.
Es ist nur meine persönliche Interpretation. Aber diese Ereignisse erinnern mich auch an einige der Themen, die von Masterstudenten in China häufig diskutiert werden. Einige Master sagen, dass sie in ihrem Masterstudium eher Assistenten ihrer Professoren sind und dass sie neben ihrem Studium viele zusätzliche Arbeiten leisten müssen. Ein Großteil dieser Arbeiten sind unbezahlt und helfen ihnen in keiner Weise weiter. Je mehr Arbeit sie leisten, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie ihre Masterprüfungen bestehen. Einige andere Masterstudenten erwähnen auch, dass sie für Feste oder den Geburtstag des Professors jedes Jahr teure Geschenke machen müssen. Denn diese Geschenke können den Professor glücklich machen, und wenn der Professor glücklich ist, wird er oder sie in der Lage sein, einen erfolgreichen Abschluss zu machen. Aus diesem Grund sagen viele Masterstudenten, dass sie nach ihrem Abschluss keinen Kontakt mehr zu ihren Professoren haben. Alle Kontaktangaben werden unverzüglich gelöscht. Tatsächlich trauen viele Masterstudenten sich nicht, sich an ihrer Universität zu beschweren. Ob die Macht des Professors an der Uni zu groß ist?
Natürlich behandeln nicht alle Professoren die Masterstudenten so. Es gibt auch viele Professoren, die sich korrekt und hilfsbereit gegenüber den Masterstudenten verhalten. Nach dem Abschluss halten sie den Kontakt und pflegen ein gutes Verhältnis. Dies ist eigentlich ein Wahrscheinlichkeitsereignis: Wenn ein Masterstudent seinen Professor ausgewählt hat, entscheidet sich auch der Verlauf des Studiums. Dieses Bildungssystem kann einige Nachteile haben und ist von vornherein ungerecht. Die Zukunft der Masterstudenten liegt nicht in ihrer eigenen Hand, sondern hängt davon ab, ob sie das Glück haben, einen guten Professor zu finden. Und wenn die Entscheidung einmal getroffen ist, kann sie nicht mehr geändert werden.
Ein Zitat aus dem Buch “Complaint!” lautet:
“I think of narrow corridors. They can be what you have to go through to get somewhere, to reach an open door. A professor can become a nar- row corridor: who you have to go through to get somewhere, who you have to go through to reach an open door. A going is often narrated as a gift. Those who abuse the power given to them by virtue of position often represent themselves as being able to open the door for others. When an open door becomes a gift, an open door can also be a threat.” (S. 230)